Die volle Tasse

Manchmal hilft es, wenn wir Wissen loslassen und auch die Dinge, auf die wir stolz sind.

Es war einmal ein  Professor der Philosophie. Er machte sich auf den Weg zu einem berühmten Zen-Meister, um ihn nach dem Sinn des Lebens, der Unendlichkeit, der Meditation und vielem anderen zu befragen.

Er wanderte weit in die Berge, bis er den Zen Meister fand, stellte sich ihm mit seinem akademischen Titel vor, und bat ihn um Antworten auf seine Fragen.

Der Meister hörte sich stillschweigend all die Fragen des Professors an.

Nach einer Weile unterbrach er ihn: “Sie haben einen weiten, anstrengenden Weg hinter sich und sehen sehr erschöpft aus. Ich werde Ihnen eine Tasse Tee machen.”

Während der Meister den Tee zubereitete, wurde der Professor immer noch nervöser und ungeduldiger. Er war schließlich nicht zum Teetrinken gekommen, sondern um Antworten auf alle seine Fragen zu bekommen! Er begann daran zu zweifeln, dass dieser Zen-Meister ein weiser Mann sei.

Da kam der Meister mit einem Tablett, auf dem der frisch zubereitete Tee stand.

Der Meister nahm die Kanne und begann dem Professor Tee in seine Tasse einzuschenken. Schnell war die Tasse voll. Doch der Meister schenkte weiter ein bis der Tee über den Rand und über das gesamte Tablett bis auf den Boden floß.

“Genug!” rief der Professor. “Sehen Sie nicht, daß die Tasse schon voll ist und der Tee bereits überläuft?”

Der Mönch antwortete: “Genau wie diese Tasse sind auch Sie – voll von Ihrem Wissen und Ihren Vorurteilen. Ihr Verstand ist wie diese Tasse – überfüllt mit Fragen. Selbst wenn ich Ihnen Antworten geben würde, hätten sie gar keinen Platz mehr in Ihrem Kopf, denn es passt dort genauso wenig hinein, wie in diese Tasse. Gehen Sie also und leeren Sie ihre Tasse. Kommen Sie wieder, wenn Platz in Ihnen ist. Um Neues zu lernen, müssen Sie erst Ihre Tasse leeren.” Erst wenn Ihre Tasse leer ist, haben Sie wieder Platz – Für Neues, für Einsichten, für Antworten.“

(Zen – Geschichte)

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